„Eine blutrote, dampfende Flüssigkeit. Männer hocken um sie herum. Der eine, der Älteste, hat in eiserner Zange einen dicken, kristallweißen Klumpen und hält ihn über das Gefäß. Der zweite hat eine verstaubte Flasche in der Hand und gießt eine helle Flüssigkeit über den Klumpen. Der dritte setzt ihn in Brand. Eine gespenstische blaue Flamme züngelt hoch. Der weiße Klumpen knistert und fängt an zu schmelzen; dicke, zähe Tropfen lösen sich und fallen zischend in die rote Flut. Und ein leiser, betäubender Dunst zieht durch den Raum, steigt ins Gehirn. Der vierte rückt die Gläser zurecht, der fünfte öffnet eine Kiste Brasilzigarren. Der sechste rührt das Gebräu. Der siebente, der Jüngste, darf einschenken.“
Was sich hier etwas gespenstisch nach einer konspirativen Sitzung anhört, ist der Anfang zu Heinrich Spoerls „Feuerzangenbowle“. Der Spross einer Düsseldorfer Industriellenfamilie war mit seinem Anwaltsberuf nicht wirklich selig und verlegte sich schnell - wie sein Klassenkamerad Hans Müller-Schlösser - auf das Schreiben heiterer Stücke. In seinem Bestseller von 1933 verarbeitete Spoerl auch seine eigene Schulzeit am Düsseldorfer Fürstenwall. Die Handlung verlegte er dann jedoch zur Kö, wo sich "Pennäler" und "Lyzen" ganz nahe kommen konnten - die Jungs des Görres-Gymnasiums und die Mädchen des Luisen-Lyzeums.
Sein Alter ego „Pfeiffer mit drei F, eines vor dem Ei und zwei danach“ lässt der Autor später im Text über das titelgebende Gebräu aufklären: »Eine Feuerzangenbowle hat es in sich. Nicht wegen des Katers; das ist eine Sache für sich. Eine Feuerzangenbowle ist keine Bowle. Es ist ein Mittelding zwischen Gesöff und Hexerei. Bier sackt in die Beine. Wein legt sich auf die Zunge, Schnaps kriecht ins Gehirn. Eine Feuerzangenbowle geht ans Gemüt. Weich und warm hüllt sie die Seelen ein, nimmt die Erdenschwere hinweg und löst alles auf in Dunst und Nebel.«
Aus Heinrich Spoerl, Die Feuerzangenbowle, Droste, 1933, S. 11 und 20